Badische Zeitung: “Jetzt erst recht!”
BZ-INTERVIEW mit Studentin Julia Söhne über die Neugründung des Rings politischer Jugend.
In Freiburg gibt es seit kurzem wieder einen Ring politischer Jugend, kurz RpJ. Wer da mitmacht, warum er sich gegründet und was er sich zum Ziel gesetzt hat, darüber sprach BZ-Redakteur Frank Zimmermann mit Vorstandsmitglied Julia Söhne.
BZ: Das politische Engagement junger Menschen hält sich ja allgemein in Grenzen. Braucht es eine Organisation wie den Ring politischer Jugend überhaupt?
Söhne: Auf jeden Fall, sonst hätten wir uns nicht gegründet. Wir wollen, dass sich die politischen Jugendorganisationen austauschen können. Es ist einfacher, an Schulen zu gehen und Podiumsdiskussionen zu organisieren, wenn man überparteilich ist. Andernorts bekommt der Ring politischer Jugend Fördermittel, die er dann an die einzelnen Jugendorganisationen verteilt. Das haben wir ganz bewusst nicht gemacht.
BZ: Warum nicht?
Söhne: Es war schwierig genug, den RpJ überhaupt neu zu gründen und eine Satzung zu finden. Ein Problem drehte sich darum, ob die Linksjugend dabei sein darf.
BZ: Für wen war das ein Problem?
Söhne: Es wurde darüber diskutiert, wer dem RpJ angehören darf: Die, deren Mutterpartei im Bundestag oder im Landtag oder im Gemeinderat sitzen?
BZ: Woher bekommt der RpJ Freiburg finanzielle Unterstützung?
Söhne: Wir bekommen 2000 Euro aus dem städtischen Doppelhaushalt 2013/2014. Das verwenden wir zum Beispiel für Podiumsdiskussionen und Flyer.
BZ: Über welche Themen wollen Sie denn diskutieren?
Söhne: Wir wollen hauptsächlich zur Bundestagswahl Diskussionen veranstalten – an Schulen, vielleicht mit “Nachgefragt” [populäre Schüler-Talkshow am Rotteck-Gymnasium mit prominenten Gästen, die Redaktion] und eine mit Artik, bei der aber nicht die Bundestagskandidaten, sondern die jugendpolitischen Sprecher diskutieren. Und wir wollen vielleicht auch mit dem Stadtjugendring zusammenarbeiten.
BZ: Das mit der Überparteilichkeit klappt? Es ist schwer vorstellbar, dass Junge Union und Linksjugend an einem Tisch konstruktiv zusammenarbeiten.
Söhne: Ja, es ist schwierig, sich mit einer Stimme politisch zu äußern, wir werden deshalb jetzt auch keine Pressemitteilung rausgeben, ob wir den Mindestlohn gut oder schlecht finden. Da werden wir vermutlich keine Einigung erzielen. Aber wenn es darum geht, zum Beispiel Demonstrationen gegen rechts zu organisieren, sind wir uns auf jeden Fall einig. Unser Ziel ist es, politische Jugendarbeit in Freiburg zu leisten. Wir haben uns übrigens das Einstimmigkeitsprinzip auferlegt, weil wir uns nicht gegenseitig überstimmen und intern Mehrheiten organisieren wollen.
BZ: Soll es auch um lokale Themen gehen?
Söhne: Auf jeden Fall. Als sich Junges Freiburg aufgelöst hat, war das für uns schon ein Punkt zu sagen: “Jetzt erst recht.” Kommunalpolitische Themen – soll ein Nachtbus mehr oder weniger fahren? – sind Themen, die Schülerinnen und Schüler vor Ort interessieren. Damit wollen wir uns auseinandersetzen.
BZ: Nur sehr wenige junge Menschen haben Interesse an Politik, es gibt wenig Nachwuchs in den Parteien. Auch Junges Freiburg hat sich mangels Mitstreitern aufgelöst.
Söhne: Diese Politikverdrossenheit, von der immer alle sprechen, gibt es meiner Meinung nach so gar nicht, das wird ein bisschen aufgebauscht. Wir Jusos haben zum Beispiel steigende Mitgliederzahlen und sind jetzt 300 in Freiburg. Schwierig ist vielleicht, passende Formen der Ansprache zu finden. In Freiburg engagieren sich Jugendliche gerne für einzelne Projekte wie Skatement, tun sich aber schwer, in eine Partei zu gehen und sich langfristig zu binden. Wir als Ring politischer Jugend wollen zeigen, dass man sich auch überparteilich politisch engagieren kann.
BZ: Kann man Jugendliche mit Podiumsdiskussionen hinterm Ofen hervorholen?
Söhne: Ich glaube schon, dass das funktioniert. Wir haben zum Beispiel auch einmal im Monat dienstags einen Stammtisch im Artik unterm Siegesdenkmal, wo wir über politische Themen diskutieren, das klappt auch ganz gut, das Interesse ist da.
BZ: Haben Sie keine Angst, dass den Ring politischer Jugend dasselbe Schicksal ereilt wie Junges Freiburg?
Söhne: Den RpJ gibt es ja nicht erst seit gestern, er war nur eingeschlafen und wir versuchen jetzt eine Neugründung. Bei der Gründungsversammlung waren wir immerhin 60.
Julia Söhne ist 19 Jahre alt, Mitglied der Freiburger Jusos und im Jusos-Landesvorstand sowie im Vorstand des RpJ Freiburg. Sie studiert an der Universität Freiburg im zweiten Semester Jura.